Der Blick auf die Zahlen zeigt: Deutschland ist ein Land der Eigenheime. Ende 2017 umfassten 83 % der Wohngebäude maximal eine oder zwei Wohnungen. Der genauere Blick auf Ein- und Zweifamilienhäuser zeigt, dass sich in Brandenburg knapp die Hälfte aller Wohnungen solchen Gebäuden befindet. Unabhängig von demografischem Wandel und neuen Haushaltsstrukturen, veränderten Arbeitswelten oder Klimawandel hält dieser dominante Trend seit Jahrzenten an. Denn das Einfamilienhaus hat auch heute noch eine hohe symbolische Bedeutung. Aktuell leben Menschen im deutschlandweiten Durchschnitt auf 47,7 qm Wohnfläche und in 2,3 Wohnräumen, wobei Eigentümer:innen durchschnittlich auf 52,0 qm leben, Mieter:innen 38,2 qm. Gleichzeitig leben 9,5 Mio. Menschen in Deutschland in zu kleinen Wohnungen. Es kann sich daher lohnen, den Einfamilienhaussektor unter Aspekten wie etwa Bezahlbarkeit, Auswirkungen auf das Klima sowie den demografischen Wandel zu betrachten. Denn: Eine suffiziente Nutzung von Wohnfläche besitzt das Potenzial, all diesen Problemen entgegenzuwirken
Im Rahmen der 24. Werkstattsitzung des Bündnisses für Wohnen in Brandenburg wurde durch externe Impulse über die Potenziale und Hemmnisse von mehr Wohnflächensuffizienz im Wohneigentum diskutiert. Maik Lindemann, Leiter Fachbereich Planung, Bauordnung und Vermessung der Stadt Göttingen ging auf die kommunale Perspektive ein. Die „Wohnraumagentur Göttingen“ bietet ein umfassendes Informations- und Beratungsangebot zum Wohnungsbau und der effizienten Nutzung bestehenden Wohnraums. Peter Wegner, Präsident des Verbandes Wohneigentum, sprach über eine breit angelegte Befragung von Wohnungseigentümer:innen und über das Potential von untergenutztem Wohnraum, welches an den Ergebnissen der Befragung abzulesen ist. Demnach besteht – selbst unter konservativen Annahmen - ein Potenzial von 1,1 Mio. Eigenheimen für eine intensivere Flächennutzung. Abschließend berichtete Mariette Beyeler vom schweizerischen MetamorpHouse dem Bündnis davon, wie sich Einfamilienhäuser an neue Wohnbedürfnisse u. a. architektonisch anpassen lassen und welche Herausforderungen und Lösungen sich bei der Nachnutzung von Ein- und Zweifamilienhäusern ergeben können.
Drei Aspekte konnten im Laufe der Sitzung herausgearbeitet werden, die das vielschichtige Thema und die unterschiedlichen Perspektiven darauf zusammenbringen:
- Einfamilienhäuser in Brandenburg bieten durch Umbau, Untervermietung oder Umzug bzw. den Verkauf das Potenzial, zusätzlichen Wohnraum zu schaffen bzw. bestehenden Wohnraum passgenauer zu nutzen. Der demografische Wandel und sich verändernde Haushaltstrukturen verstärken diesen Bedarf. Die Potenziale eines solchen „unsichtbaren Wohnraums“ können im Sinne einer nachhaltigen Wohnungspolitik, etwa durch entsprechende Förderprogramme, aktiviert werden.
- Um Menschen und Haushalte für die für sie passende Wohnsituation zu sensibilisieren, spielt auch Beratung eine wichtige Rolle. Das Aufzeigen guter Beispiele durch „glaubhafte Zeugnisse“ oder „Testimonials“ können dabei als hilfreiche Instrumente eingesetzt werden und zudem für mehr Wohnflächensuffizienz werben. Eine starke Fokussierung auf das Quartier sowie attraktive Ersatzangebote (Preis, Größe, Barrierefreiheit) in Miet- und Eigentumssegmenten erhöhen die Chancen für mehr Bewegung auf dem Wohnungsmarkt. Neben anderen Hindernissen erschweren miet- und baurechtliche Rahmenbedingungen teilweise den Umbau oder die Untervermietung des Wohnraumes.
- Wohnflächensuffizienz und der Wechsel von Eigentümer:innen im Wohneigentum können zu sehr emotionalen Themen werden. Daher ist eine gute Kommunikation wichtig. Niemand soll dazu gezwungen werden, aus seinem Haus auszuziehen. Nach dem Motto: „Niemand muss, aber alle die wollen, sollen können“ liegt der Fokus auf Menschen, die ihre Wohnsituation ändern möchten.